Das passiert uns doch nicht!
Als Eltern und Geschwister unseres damals plötzlich schwer herzerkrankten 15 Jahre alten Sohnes und Bruders, Caspar, hat sich unsere Familie erstmalig 2009 und 2010 mit dem Thema Organspende auseinandergesetzt und schließlich die Notwendigkeit einer Herztransplantation erfahren. Heute sind wir glücklich, dass Caspar sein Leben nahezu so normal und fröhlich führen kann, wie alle 19 jährigen Jugendlichen. Mit großem Respekt, Dankbarkeit und Demut denken wir immer wieder an den Spender und dessen Familie.
Wir erfuhren, dass vielmehr menschliche Leben durch Organspenden gerettet werden könnten, gäbe es genügend Spender. Konnten im Jahre 2000 z.B. in Deutschland 418 Herzen transplantiert werden, so waren es im Jahr 2011 nur noch 366 Herztransplantationen, von 2010 zu 2011 ist die Zahl der Organspenden um 7% gesunken. Die Wartezeit von durchschnittlich sechs bis neun Monaten ist für Patienten und Familien eine starke Herausforderung, psychisch belastend, ein Wechselbad der Gefühle mit Hoffen und Bangen, dabei beruhigend durch eine herausragende Leistung der betreuenden Ärzte und des medizinischen Personals.
Vor allem der Patient, aber auch wir als Familie, sind vom universitären Herzzentrum des Uniklinikums Hamburg-Eppendorf aufs Beste betreut worden. Die Verlaufskomplikationen vor der Transplantation und die Transplantationsphase sind mit Ruhe und Bedacht, mit Wissen und Erfahrungen, mit Können, der Bereitschaft und dem Mut sich neuen Herausforderungen zu stellen, behandelt worden. Dabei ist besonders hervorzuheben, die tiefgehende Anteilnahme am Wohlergehen des Patienten und der Familie. An dieser Stelle sei den Teams der Stationen des Herzzentrums am Uniklinikum Eppendorf, vom Chefarzt bis zum Pflegepersonal, großer Dank gesagt, dass sie die Behandlung so fürsorgend und so erfolgreich durchgeführt haben und auch heute noch – ja fast freundschaftlich - um Caspars weiteres Wohlergehen besorgt sind. Nicht weniger Dank gebührt aber auch allen weiteren niedergelassen Ärzten, die den Patienten als Haus- und Fachärzte betreut haben und weiterhin betreuen. Der erweiterte Familien- und Freundeskreis hat es verstanden, unsere Familie durch intensive Teilnahme zu tragen. Große Zuversicht in Gottes schützende Kraft haben unsere Hoffnung auf ein gutes Gelingen gefestigt.
Wenige Tage nach Caspars erfolgreicher Transplantation mussten wir miterleben, wie der wenig ältere Sohn eines befreundeten Ehepaares schwer verunglückte, erlebten mit und nahmen daran teil, welche Gedanken, welche Ängste und welche Täler Familien von Organspendern durchschreiten, wenn das Leben trotz aller ärztlicher Kunst nicht mehr zu retten sein wird und man sich dennoch für eine Organspende entscheidet, weil wegen Caspars Situation über die Thematik gesprochen wurde.
Gerade wegen unseres Wissens um Freude und Trauer bei Organspenden, und unsere Dankbarkeit und unser Respekt vor Organspendern und ihren Familien ist uns Anlass ein wenig unserer Dankbarkeit zurückzugeben. Zudem halten wir es für notwendig und sinnvoll, dass sich jeder mit den Chancen und Risiken einer Transplantation, den Fragen des Spenders und denen des Empfängers auseinandersetzt. Die Situationen können schnell und unerwartet auf uns zukommen. Es liegt im Interesse eines jeden sich mit der Transplantationsthematik auseinander zu setzen und gemeinsam mit der Familie eine Entscheidung für sich zu treffen. Im akuten Fall ist die Belastung bei der Sorge um den Gesundheitszustand des Angehörigen oder seiner selbst schon enorm, sich dabei noch mit schwerwiegenden Fragen auseinander zu setzen, die man schon längst hätte beantworten können, führen die Betroffenen an die Grenze des Erträglichen.